12.07.2014 von Jörg Michael Simmer
Starker Aufgalopp der “Zebras”
FRAUENFUSSBALL Blitzturnier in Schönbach
Freunde des gepflegten Frauenfußballs hätten gestern nach Schönbach kommen müssen. Dort zeigte Frauenfußball-Bundesligist MSV Duisburg, was den Sport auszeichnen kann, wenn er profimäßig betrieben wird. Zumindest eine Halbzeit lang. Genauer gesagt im zweiten 45-Minuten-Spiel eines Blitzturniers gegen Ex-Erstligist SC Bad Neuenahr, den das Team von Neu-Trainerin Inka Grings mit 7:0 vom Platz fegte.
Angetrieben von den beiden Portugiesinnen Dolores Isabel Jacome Silva und Carole da Silva Costa und eiskalt vollstreckt von der dreifachen Torschützin Lucie Vonkova ließ man Bad Neuenahr, immerhin einst Gründungsmitglied der Frauenfußball-Bundesliga, 1978 Deutscher Meister und Stammverein von Fußball-Größen wie Celia Sasic oder Steffi Jones, nicht den Hauch einer Chance.
Während Bad Neuenahr, von Ex-Profi und Bundesligaspieler Thomas Remark trainiert, inzwischen bis in die Regionalliga durchgerutscht ist, konnte der MSV Duisburg den Erstliga-Abstieg gerade noch vermeiden. Die “Zebras” haben den Frauenfußball vom insolventen FCR Duisburg übernommen und für die Zukunft große Ziele.
Diese hängen mit dem einzigen echten Star im Team zusammen – denn der steht an der Linie und heißt Inka Grings. Die 35-Jährige hat nach dem Ende ihrer Profi-Karriere im Mai bei Zweitligist 1.FC Köln nun beim MSV ihre erste Trainerstation übernommen und kehrt in die Stadt zurück, die sie als Fußballerin hervorgebracht hat. Zwischen 1995 und 2011 spielte sie für den FCR Duisburg, wurde mit dem Club einmal Deutsche Meisterin und dreimal Pokalsiegerin und stieg zur 96-fachen Nationalspielerin auf, wo sie mit den EM-Titeln 2005 und 2009 ihrer größten Erfolge feierte.
Und Erfolg, das machte sie bei ihrem Auftritt in Schönbach deutlich, den möchte sie mittelfristig auch im Ruhrgebiet wieder haben: “Wir wollen nix mit dem Abstieg zu tun haben und nächste Saison wieder die Nummer eins im Pott sein!” Die Topstürmerin, die in ihrer langen Karriere auch in der nordamerikanischen Fußball-Liga und in der Schweiz gespielt hat, ist sicher: “Wir haben uns gut verstärkt und wollen den einen oder anderen Großen ärgern.”
Wer die beiden 45-Minuten-Auftritte in Schönbach sah, konnte sich vor allem nach dem zweiten Spiel vorstellen, dass das gelingen kann. Grings hatte zum Auftakt gegen Regionalligist Eintracht Wetzlar, drittes Team im Bunde, lange warten müssen, bis ihre Elf zum Erfolg kam. Jennifer Oster, U20- und U21-Nationalspielerin des MSV, traf nach schönem Solo überlegt ins lange Eck (32.). Bei Wetzlar war es Rebecca Konhäuser, die zwei gute Chancen ausließ (11., 38./nach Vorarbeit von Kathrin Schermuly) und dabei einmal vorbei zielte und zum anderen an der neuen Schweizer Torfrau im Duisburger Kasten, Gaëlle Thalmann, scheiterte. Insgesamt agierte der Bundesligist zwar klar überlegen, hatte aber nur wenige Chancen gegen das von Volker Münn betreute Team aus der Domstadt. Steffi Weichelt (28.) und Lucie Vonkova (32.) trafen aber nicht.
Nach kurzer Pause wechselte der Bundesligist ordentlich durch und brachte gleich fünf frische Kräfte gegen Bad Neuenahr. Von Beginn an war so viel mehr Tempo im Spiel des MSV gegen bemitleidenswerte SC’lerinnen. Lucie Vonkova (6., 10., 40.), Carole da Silva Costa (13.), Dolores Isabel Jacome Silva (21.) und Sofia Nati (43., 44.) schraubten das Ergebnis nach zum Teil schönen Kombinationen in die Höhe.
Vermutungen, die Zuschauer hätten im zweiten Spiel ihre Wunsch-Elf gesehen, relativierte Inka Grings hinterher. “Wir haben heute bunt gemischt. Ziel war es auch, Spielerinnen auf ungewohnten Positionen zu testen.” Bemerkenswert: Der Erstligist ist erst seit Montag im Training und kam “nach einer harten Woche, in der wir gestern noch einen Laktattest gemacht haben”, am Samstag nun erstmals mit dem Ball in Kontakt.
Duisburg mischt in beiden Spielen munter durch und hat noch keine Wunsch-Elf
“Dafür war ich mit dem Spiel schon sehr zufrieden”, lobte Inka Grings ihre bunte Mischung verschiedener Nationalitäten im Team, zu dem vor dieser Spielzeit noch die auch gestern eingesetzten Neuzugänge Virginia Kirchberger (Österreich/Abwehr), Gaëlle Thalmann (Schweiz/Tor), Rahel Kiwic (Schweiz/Abwehr) sowie die beiden portugiesischen Rückkehrerinnen Ana Cristina Oliveira Leite und Geldona Morina stießen.
Klar, dass Duisburg mit den beiden Erfolgen das Blitzturnier gewann. Zweiter wurde Eintracht Wetzlar, das die dritte Turnierpartie gegen Bad Neuenahr, wo die Hirzenhainerin Ines Günther verletzt fehlte, mit 2:0 für sich entschied. Die Treffer erzielten Hannah Scheid und Kathrin Schermuly.
Zuvor hatten bereits die Frauenfußball-Kreisauswahl ein gutes Spiel gezeigt. Gegen die FSG Freiendiez/Altendiez hieß es am Ende der 90 Minuten 2:2. Die zweimalige Führung der Spielerinnen vom Westerwald durch Lina Rudolf (12., 55.) glichen Sandra Brandenburger (43.) und Isabel Lewandowski (88.) jeweils kurz vor Schluss beider Halbzeiten aus.
Insgesamt zeigte sich Dieter Weyel, Vorsitzender des TSSV, sehr zufrieden mit dem Ablauf “Bundesliga-Cups”, wie der Tag, der mit Hilfe zahlreicher Sponsoren gestemmt wurde, genannt wurde. “Ambiente stimmt, Wetter stimmt – was will man mehr?” Schließlich hatten die Hausherren alles getan, damit sich die Gäste wohlfühlen konnten, vom eigens aufgebauten Zelt inclusive Büffet bis hin zu guten äußeren Bedingungen.
Und dann war man ja noch Zeuge einer Weltpremiere: dem allerersten Spiel, das Inka Grings als verantwortlichen Coach am Rande des Spielfelds sah. Obwohl sie 90 Minuten lang lautstarke Kommandos gab, gab es sie hinterher schmunzelnd zu Protokoll: “Ich dachte es, wird schlimmer.” Sprach’s, und trat nach kurzem Stop im Verpflegungspavillon mit ihren jungen “Multi-Kulti-Wilden” wieder die Heimreise in den “Pott” an…
Both comments and pings are currently closed.